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Trauer um Prof. Dr. Ursula Nienhaus

Als Mitgründerin und langjährige Leiterin des Archivs des Frauenforschungs-, -bildungs-, und -informationszentrum (FFBIZ ) in Berlin baute Prof. Dr. Ursula Nienhaus eine der größten Sammlungen zur Frauenbewegung seit Anfang der 1970er Jahre auf. Dabei verlor sie nie ihre Leidenschaft für die Wissenschaft aus den Augen. Ihr umfangreiches historisches Wissen an Studierende zu vermitteln, war ihr immer ein großes Anliegen. Deshalb hielt sie, neben ihrer Tätigkeit als Privatdozentin für Neue Geschichte an der Universität Hannover, Seminare und Vorträge an den Berliner Hochschulen und begeisterte überall Studierende für die Arbeit mit historischen Quellen im Archiv.

Nach ihrem Rückzug aus dem Berufsleben im Jahr 2011 stand sie dem FFBIZ als Vorstandsfrau und später als Vereinsmitglied immer mit Rat und Tat zur Seite. http://www.ffbiz.de/aktivitaeten/ursula-nienhaus.html

Das Archiv des FFBIZ begann als vorläufige Sammlung des 1973/74 gegründeten Lesbischen Aktionszentrums. Über den ersten Berliner Frauenbuchladen Labrys, der 1975 als Frauenarchiv im Vereinsregister eingetragen wurde, kam es im Jahr 1978 in das neugegründete FFBIZ.

Die zweite oder sogenannte „Neue Frauenbewegung“ verstand sich von Anfang an als eine internationale Bewegung. Auch an der FFBIZ-Gründung beteiligten sich Frauen verschiedener Kontinente und etliche Mitarbeiterinnen aus unterschiedlichen damals sogenannten „Entwicklungshilfe-Einrichtungen“, die jahrelang eine aktive Arbeitsgruppe im FFBIZ stellten. Daher wurden außer Materialien aus und über Berlin und die Bundesrepublik auch Frauenbewegungsdokumente aus nahezu allen Teilen der Welt gesammelt, erschlossen und zur öffentlichen Nutzung bereitgestellt.

Die im Archiv gesammelten Dokumente sind auch in anderer Hinsicht besonders. Viele der in der neuen Frauenbewegung aktiven Gruppen, die oft jahrelang zusammen arbeiteten und häufig große Kampagnen trugen, konstituierten sich nicht als juristische Personen, in Vereinsform etwa. Sie dokumentierten daher auch ihre Aktivitäten nicht strukturiert in förmlichen Akten sondern vielmehr durch Arbeitspapiere, Protokolle, Flugblätter, Plakate, Fotos, Buttons und Sticker und vielen anderen Grauen Materialien. Hinzu kamen auch Schallplatten mit Songs von Demonstrationen und Frauenfesten. Das gilt für den Aktionsrat zur Befreiung der Frauen (1968/69) ebenso wie für „Brot und Rosen“ und weite Teile der „Anti-§-218-STGB-Bewegung“, der internationalen und bundesweiten „Lohn für/gegen Hausarbeitskampagne“, der Anti-Atomkraft- und der Frauen-Abrüstungs- bzw. Friedensbewegung, der bundes- und europaweiten Frauenkongresse (seit 1975) und der Feministischen Netzwerke zur Auseinandersetzung mit Gen- und Reproduktionstechnologien (seit 1983). Erst mit der vermehrten Gründung von Frauenprojekten und der ersten Frauenparteien in der Bundesrepublik seit Mitte der 1970er Jahre entstanden auch Akten und längerfristige Zeitschriften.

All diese Materialien, die lange als nicht archivwürdig galten, wurden und werden im FFBIZ-Archiv kontinuierlich zur öffentlichen Nutzung konventionell erschlossen und durch thematische Zeitungsausschnittsammlungen, sowie durch Dokumentationen und Bücher ergänzt. Seit einigen Jahren sammeln wir auch Nachlässe und Autographen von Akteurinnen der Frauenbewegung. Wir dokumentieren seit Kurzem verstärkt aktuelle Aktionen, wie z.B. Kampagnen gegen Gewalt gegen Frauen („One-billion-rising“) und gegen Sexismus („Aufschrei“ oder „Slutwalks“) und die darum kreisenden Debatten in Blogs, Portalen und anderen Online-Medien. Dazu gehören auch queer-feministische Perspektiven und Diskussionen. Die Bestände des Archivs sind so seit der Gründung des FFBIZ kontinuierlich gewachsen. Seit 2003 sind alle Materialien in einem gekühlten und sauerstoffreduzierten Magazin in säurefreien Mappen und Kartons sachgerecht zur Langzeitaufbewahrung aufgestellt.

 Text: © FFBIZ

veröffentlicht am 25. April 2020