baf e.V. und THALESTRIS informieren zum Internationalen Frauentag

Geschichte des 8. März – feministischer Kampftag

Das von den Vereinten Nationen festgelegte Motto lautet 2023: "Feministische Utopien leben. Gemeinsam für eine gerechte Welt". Grafik: IWD

Zum Internationalen Frauentag – feministischer Kampftag  am 8. März informieren wir in Kooperation mit dem Frauenbuchladen THALESTRIS über Geschichte und Gegenwart des 8. März. Wie jedes Jahr, so auch dieses Jahr, steht der Tag unter einem Motto. Dieses von den Vereinten Nationen für den Weltfrauentag festgelegte Motto lautet 2023 „Feministische Utopien leben. Gemeinsam für eine gerechte Welt“.

8. März: Internationaler Frauentag

Weltweit wird am 8. März der – in seiner ursprünglichen Bezeichnung – Internationale Frauentag für die Rechte der Frau und den Weltfrieden begangen. Zum ersten Mal fand der Tag am 19. März 1911 in Dänemark, Deutschland, Österreich-Ungarn und der Schweiz im Kampf um Gleichberechtigung und Wahlrecht, statt.

Entstehung

Die deutsche Sozialistin Clara Zetkin schlug auf der Zweiten Internationalen Sozialistischen Frauenkonferenz am 27.08.1910 in Kopenhagen die Einführung eines internationalen Frauentages vor, ohne jedoch ein bestimmtes Datum zu favorisieren. In den USA hatten Frauen der Sozialistischen Partei Amerikas (SPA) 1908 ein Nationales Frauenkomitee gegründet, welches beschloss, einen besonderen nationalen Kampftag für das Frauenstimmrecht zu initiieren. Dieser erste Frauentag in den USA im Februar 1909 war ein voller Erfolg – auch weil sich bürgerliche Frauenrechtlerinnen den Forderungen nach einem Wahlrecht anschlossen und gemeinsam mit den Sozialistinnen demonstrierten.

Der erste Frauentag in Europa wurde am 19. März 1911 in Dänemark, Deutschland, Österreich-Ungarn und der Schweiz gefeiert. Mit der Wahl des Datums sollte der revolutionäre Charakter des Frauentags hervorgehoben werden, denn der Vortag, der 18. März, war der Gedenktag für die Gefallenen der Märzrevolution 1848. Außerdem hatte auch die Pariser Kommune 1871 im März begonnen. Auf der zweiten sich selbst als kommunistische Frauenkonferenz bezeichnende Veranstaltung in Moskau wurde der 8. März als Termin festgelegt.

Das alles beherrschende Thema der ersten Jahre war die Forderung nach dem freien, geheimen und gleichen Frauenwahlrecht. Dieses Anliegen fußte auf den Erklärungen der SPD, die sich als einzige Partei vor 1900 für ein Frauenwahlrecht ausgesprochen hatte. Sie sahen im Wahlrecht unter anderem eine Chance, ihren Einfluss zu vergrößern.

1918 – 1933

Nach dem Ersten Weltkrieg – vor allem aufgrund der Einführung des Frauenwahlrechtes in Deutschland – formierte sich der Internationale Frauentag in der Weimarer Republik neu: Durch die Spaltung der Sozialistinnen in SPD und KPD gab es statt eines Internationalen Frauentages zwei in Deutschland.

1933 – 1945

Da die sozialistische Bewegung maßgeblich an der Entstehung des Frauen-tages Anteil hatte, wurde er zwischen 1933 und 1945 offiziell verboten. Trotz Verbot bestand der Internationale Frauentag weiter. Das Feiern des 8. März wurde zu einem Erkennungsmerkmal von Widerstand und sozialistischer Untergrundarbeit. Methoden waren das’Auslüften‘ von roten Gegenständen am 8. März aus Fenstern oder an Wäscheleinen sowie das Auslegen illegaler Flugblätter.

1945 – 1989

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde im geteilten Deutschland sehr unterschiedlich mit dem Frauentag umgegangen. 1946 führte die sowjetische Besatzungszone den 8. März wieder ein. In der DDR hatte der Frauentag zunächst den Charakter einer sozialistischen Veranstaltung und wurde erst in den späten 1980ern festlicher, ungezwungener und weniger ideologisch begangen.

In der BRD veranstalteten Sozialdemokratinnen zwar seit 1948 wieder Frauentage, doch ging die Bedeutung dieses Tages allmählich verloren. Hier war es vor allem das Thema Frieden und der Kampf gegen die Wiederbewaff-nung, die auf den Veranstaltungen zum Internationalen Frauentag – terminlich immer irgendwann zwischen Februar und Mai angesiedelt – angesprochen wurden.

Mit dem Engagement der so genannten neuen Frauenbewegung Ende der 1960er Jahre rückte der 08. März in der BRD und anderen Ländern wieder stärker ins Bewusstsein, allerdings hatte es die autonome Frauenbewegung in der BRD sehr schwer mit diesem Tag. So war noch 1977 in der feministischen Zeitung Courage zu lesen: „Nichts gegen einen Feiertag, auch nicht gegen einen Frauentag. Nur muß er von denen, die gefeiert werden, bestimmt und gestaltet werden.“ Diese Kritik richtete sich vor allem gegen die Feierpraxis in der DDR, wo dieser Tag zunehmend zu einer Art ’sozialistischem Muttertag‘ geworden war.

1975, im internationalen Jahr der Frau, richteten die Vereinten Nationen erstmals am 8. März eine Feier aus. Dieses Datum als Internationalen Frauentag anzuerkennen, beschloss die Generalversammlung der UN im Dezember 1977.

1989 bis heute

Durch die Vereinigung beider deutscher Staaten veränderte sich die Ge-schichte und die Aktionen zum Internationalen Frauentag noch einmal sehr. Nach einer Phase, in der das Begehen eines Feiertages der DDR als nicht mehr opportun galt, regten sich 1993 das erste Mal wieder Frauengruppen in Ost und West, um diesen Tag nun im Sinne der Einforderung von (verlorenen) Frauenrechten zu nutzen. Trotz Versuche von SPD-Frauen, den Tag nicht an einem 8. März zu begehen, sondern wieder an das Modell der Frau-enwoche aus der Weimarer Republik anzuknüpfen, setzte sich der 8. März durch.

1994 zum sogenannten FrauenStreikTag erlebte der Internationale Frauentag ein politisches Comeback. Seitdem hat es in Deutschland vermehrt Veranstaltungen zum 8. März gegeben – Demonstrationen für Frauenrechte, Vorträge und Feiern. Von Gewerkschaften, autonomen Frauengruppen, den Frauenbeauftragten oder der VHS, in großen und kleinen Städten. Es scheint so, als sei der 8. März als Internationaler Frauentag inzwischen selbstverständlich in das kollektive Gedächtnis der deutschen Gesamtbevölkerung aufgenommen worden. In den ostdeutschen Bundesländern wird der Frauentag, gerade auch im Arbeitsleben, gefeiert.

Heute ist der 8. März in Angola, Armenien, Aserbaidschan, Burkina Faso, Eritrea, Georgien, Guinea-Bissau, Kasachstan, Kambodscha, Kirgisistan, Laos, Madagaskar, Moldawien, in der Mongolei, in Nepal, Russland, Sambia, Serbien, Tadschikistan, Turkmenistan, Uganda, in der Ukraine, in Usbekistan, Vietnam und Weißrussland ein gesetzlicher Feiertag. In der VR China ist der Nachmittag für Frauen arbeitsfrei. Seit 2019 ist der 8. März in der Bundesrepublik Deutschland ein gesetzlicher Feiertag in Berlin und in Mecklenburg-Vorpommern seit 2023.

In Tübingen organisiert und feiert das FrauenNetzwerk 8. März den Internationalen Frauentag.

Zum Internationalen Frauentag 2003 war ein von der UNICEF propagiertes Motto „Bessere Bildung für Mädchen“ mit dem Ziel, Mädchen besser vor ungleicher Behandlung und Ausbeutung zu schützen. Die Gleichstellungsbeauftragte des Deutschen Bundestages lud zu einem Leseabend mit der Schriftstellerin Claudia Anthony aus Sierra Leone ein. Viele Aufrufe wendeten sich gegen jede Diskriminierung von Frauen und Mädchen, unter anderem gegen die weibliche Genitalverstümmelung, gegen Kinderheirat und gegen die Verurteilung von nichtheterosexuellen Lebensweisen.

2006 lag der Schwerpunkt zahlreicher Aktionen auf der Rolle der Frauen in politischen Entscheidungsprozessen. Der Internationale Frauentag 2007 mahnte an, Gewalt gegen Frauen und Mädchen überall auf der Welt unter Strafe zu stellen. „Investing in Women and Girls“ lautete 2008 das Motto der Vereinten Nationen.

„Women and men united to end violence against women and girls“ – Männer und Frauen vereint, um die Gewalt gegen Frauen und Mädchen zu beenden – war das Motto 2009. Es sollte auf die andauernde Unterdrückung von Frauen und Mädchen und die besonderen Gefahren sowie das Leid in Kriegsgebieten aufmerksam machen.

Der Internationale Frauentag 2010 stand unter dem Motto „Kurs halten! Gleichstellung“. Das Thema „Gleicher Zugang zu Bildung, Ausbildung, Wissenschaft und Technik: Weg zu menschenwürdiger Arbeit“ war 2011 das Motto.

2012 war das Thema: „Stärkung von Frauen im ländlichen Raum – Beseitigung von Hunger und Armut“. In der BRD lautete das Motto 2012 „Heute für morgen Zeichen setzen!“.

2018 fand der Internationale Frauentag in spanischsprachigen Ländern besonders großes Echo: Allein in Spanien beteiligen sich mehr als 5,3 Millionen Menschen am Frauenstreik unter dem Motto „Wenn die Frauen streiken, dann steht die Welt still“. Ins Deutsche übersetzbar mit: „Stoppt die Voreingenommenheit“ war 2022 „Break the Bias“ das Motto.

Wie jedes Jahr, so auch dieses Jahr, steht der 8. März unter einem Motto. Dieses von den Vereinten Nationen für den Weltfrauentag festgelegte Motto lautet 2023 „Feministische Utopien leben. Gemeinsam für eine gerechte Welt“. Der Deutsche Gewerkschaftsbund hat als Motto ergänzend dazu gewählt: „Wer Fachkräfte sucht, kann auf Frauen* nicht verzichten!“. Wir ergänzen um das Motto der Kämpfe im Iran: „Frauen – Leben – Freiheit“. Integraler Bestandteil dieses Mottos ist die Freiheit lesbischer Menschen.

8. März (noch) notwendig?

Die ehemalige luxemburgische EU-Kommissarin Viviane Reding wandte sich gegen „das Feigenblatt eines symbolhaften Tages. Solange wir einen Frauentag feiern müssen, bedeutet das, dass wir keine Gleichberechtigung haben. […] Das Ziel ist die Gleichberechtigung, damit wir solche Tage nicht mehr brauchen.“

Quellen:

veröffentlicht am 27. Februar 2023